"Noch sitzt ihr da oben, ihr feigen Gestalten,
vom Feinde bezahlt und dem Volke zum Spott.
Doch einst wird wieder Gerechtigkeit walten,
dann richtet das Volk und es gnade euch Gott."

Carl Theodor Körner

Das Bundesverfassungsgerichturteil zum Rundfunkbeitrag

Das Verfassungsgericht kann gar nicht anders entscheiden, denn grundlegende und weitreichende Veränderungen dieses Mediensystems sind weder von den Regierenden politisch, noch von den daran Beteiligten wirtschaftlich erwünscht. Das Urteil ist ein politisch gewolltes, es spiegelt den Willen der aktuell Regierenden wider, deren Fundament ihrer Herrschaft der Staatsfunk als vierte Säule der Macht ist. Daß der Rundfunkbeitrag in seiner jetzigen Form aber der durch das Grundgesetz verbürgten freiheitlich demokratischen Ordnung widerspricht, kann man an drei Punkten kurz und deutlich zeigen:

Erstens Art.2 GG Freie Entfaltung der Persönlichkeit

Es kann nicht sein, daß ausgerechnet die staatlichen Einrichtungen, die den Bürger dazu ertüchtigen sollen, politisch mündig zu sein, ihn gleichzeitig bei der Wahl seiner Informations- und Unterhaltungsquellen bevormunden. In der Frage des bloßen Medienkonsums können Zwang und polizeiliche Gewalt gegen mündige Bürger nicht mit dem Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit vereinbar sein. Es geht nur um die Bereitstellung und Finanzierung von Informations- und Unterhaltungsmedien – ein in der Hierarchie unserer Werte völlig untergeordneter Zweck. Wegen seiner individuellen und persönlichen Entscheidung gegen das Angebot des öffentlich rechtlichen Rundfunks, darf niemand kriminalisiert werden, als handele es sich dabei um eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat, wie z.B. Steuerhinterziehung. Gerade weil der Rundfunkbeitrag keine Steuer ist, deren Einnahmen unspezifisch der Allgemeinheit zugutekommen sollen, sondern ein Beitrag für ein Angebot, muß der freie Bürger selber entscheiden können, ob er daran teilnehmen will oder nicht. Auf dem Boden einer freiheitlichen und demokratischen Ordnung kann nicht sein, daß es für die Teilnahme an öffentlich rechtlichen Medien keine Exitoption für diejenigen gibt, die diesen Medienkonsum für sich selbst ablehnen, zumal diese Exitoption bis 2013 ja existierte und jeder aus freier Entscheidung seine Rundfunkgeräte abmelden konnte.

Zweitens: Art.4 GG Gewissensfreiheit

Die negative Religionsfreiheit, nicht nur seinen Glauben und seine Religionsgemeinschaft frei wählen zu können, sondern auch gar keiner angehören zu müssen, muß adäquat auch für den Medienkonsum gelten, bestimmte Medienprodukte sowohl passiv nicht konsumieren, als auch aktiv nicht finanzieren zu müssen. Wenn niemand mehr zum Wehrdienst an der Waffe gegen sein Gewissen gezwungen werden kann, obwohl das eine Jahrhunderte alte Praxis und sogar im Strafrecht der BRD verankert war, dann kann erst recht niemand gezwungen werden, Medienprodukte zu finanzieren, die nachweisbar und systematisch Kriegshetze und Feinbildaufbau betreiben und das friedliche Zusammenleben der Völker stören. Zum Grundrecht auf die Freiheit des Gewissens muß es gehören, sich von einer einseitigen und nicht nur gefärbten Berichterstattung in den Nachrichtensendungen und Spielfilmen frei halten zu können, wenn der Bürger sonst keinen Einfluß auf die Gestaltung des Programms hat. Ob der Vorwurf der Einseitigkeit, Manipulation und Hetze gerechtfertigt ist, kann ja geklärt werden. Zahlreiche Programmbeschwerden und die Dissertation von Uwe Krüger liefern jedenfalls einen Verdacht, der eine Gewissensnot begründen und ohne den auszuräumen, ein mit hoheitlicher Gewalt ausgeübter Zwang zur Finanzierung der öffentlich rechtlichen Medien nicht gerechtfertigt werden kann.

Drittens: Die Struktur der Rundfunkanstalten

Die Anstalten des öffentlich rechtlichen Rundfunks und der Beitragsservice sind umsatzsteuerpflichtige Unternehmen, sie verhalten sich aber wie Behörden. Diese Diskrepanz besteht vor allem darin, daß Gehälter und Pensionen der Intendanten und Mitarbeiter wie bei Managern erfolgreicher Unternehmen weit über den Tarifen für Behördenleiter und Angestellte im öffentlichen Dienst liegen, aber nicht durch den Erfolg der Produkte am Markt erwirtschaftet, sondern wie Steuern durch Androhung und Ausübung hoheitlicher und polizeilicher Gewalt eingetrieben werden. Darin findet auch eine extreme Wettbewerbsverzerrung statt, denn alle anderen Medienunternehmen haben nicht nur diese Möglichkeit nicht, durch eine Kommission zur Ermittlung ihres Finanzbedarfs einfach ihre „Einnahmen“ per Dekret bestimmen zu können, sondern ihre potenziellen Kunden sind durch die Zwangsabgabe finanziell schon vorbelastet. Jeder kann ja diese 17,50 Euro nur einmal ausgeben. Darüber hinaus hat kein Unternehmen das Recht, personenbezogene Daten von den Einwohnermeldeämtern ohne Zustimmung der betreffenden Person zu bekommen. Für alle anderen Unternehmen gibt es hier Grenzen durch den Datenschutz und die informationelle Selbstbestimmung der Bürger, die Rundfunkunternehmen haben auch hier den Status von Behörden. Auch kann kein Unternehmen eine Zwangsanmeldung, also quasi ein aufgezwungenes Abonnement seiner Produkte für den Kunden durchführen und bei Zahlungsunwilligkeit desselben Amtshilfe beim Gericht bekommen, die nur Behörden zusteht. Daß bei den öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten Anträge gestellt werden müssen und diese dafür Bescheide erteilen, ist eine typische Behördeneigenschaft und ein Unding für Unternehmen. Die Unabhängigkeit vom Staat ist bei der Finanzierung als Rundfunkbeitrag auch nicht größer als bei einer über Steuern, weil beide mit denselben Mitteln der hoheitlichen Gewalt eingetrieben werden. Unabhängig vom Staat sind nur die Medien, die die Bürger freiwillig konsumieren und bezahlen.

Dieser Zwittercharakter, der offensichtlich den Zweck hat, über hoheitliche Befugnisse möglichst viel Geld einzunehmen und in private Taschen fließen zu lassen, kann nicht der im Grundgesetz gewollten freiheitlich demokratischen Ordnung entsprechen.

Die Grundrechte sind Ausdruck der Menschenrechte und stehen über jedem möglichen Willen der Regierenden, über jeder Staatsraison, die Bestand und Betrieb eines öffentlich rechtlichen Rundfunks, ganz egal, wie er beschaffen ist, rechtfertigt. Der freie Willen von Millionen von Bürgern kann nicht einfach ignoriert und ein Zwangssystem auf Grundlage von Vermutungen und Schätzungen, daß ohnehin alle Bürger diesen öffentlich rechtlichen Rundfunk konsumieren, betrieben werden. Die Schaffung einer Exitoption ist also das Mindeste, damit der Rundfunkbeitrag mit dem Grundgesetz, insbesondere Art. 2 und 4 konform ist. Und das wäre auch das Mindeste, um die ärgsten Konflikte dieses Systems von der unverhältnismäßigen Belastung aller Beteiligten, der Polizei, der Justiz bis zum Gefängnis für unbescholtene Bürger zu lösen. Außerdem wäre das aus strategischer Sicht ein kluger Schachzug gewesen, um Druck aus dem Kessel zu nehmen. Jetzt ist gar nichts gelöst und alle Probleme bestehen weiter. Wenn die Herren glauben, moralische Ansprüche und Gewissenskonflikte lassen sich per Gerichtsbeschluß abstellen, haben sie die Problematik und den Geist des Grundgesetzes nicht verstanden. Nach einem so politischen und gegen das gesunde Gerechtigkeitsgefühl der meisten Menschen verstoßende Urteil der höchsten juristischen Instanz bleibt den Bürgern ja gar nichts anderes übrig, als den Widerstand und zivilen Ungehorsam zu verstärken und auszuweiten.


AP, 24.7.2018