"Noch sitzt ihr da oben, ihr feigen Gestalten,
vom Feinde bezahlt und dem Volke zum Spott.
Doch einst wird wieder Gerechtigkeit walten,
dann richtet das Volk und es gnade euch Gott."

Carl Theodor Körner

GEZ, Rundfunkbeitrag und Demokratie

Früher war es so, daß man die Rundfunkgebühr zahlen mußte, wenn man ein Rundfunkempfangsgerät angemeldet hatte und zum Empfang bereit hielt. Deshalb sprach man auch von einer Gebühr, weil diese prinzipiell für die reale Möglichkeit der Nutzung von Dienstleistungen erhoben werden kann. Heute spricht man von einem Beitrag, weil die Nutzung gar keine Bedingung mehr für die Zahlungsverpflichtung ist, sondern sich diese allein schon aus dem Besitz eines Haushalts ergibt. Ein Beitrag wird bezahlt für die bloße Mitgliedschaft in einer Gemeinschaft, auch wenn die spezifischen Leistungen derselben gar nicht in Anspruch genommen werden. Man kann z.B. Mitglied in einem Sportverein sein, ohne jemals die Rechte dieser Mitgliedschaft wahrzunehmen und hat trotzdem den Mitgliedsbeitrag zu zahlen, solange man formal Mitglied ist. Der Rundfunkbeitrag ist eigentlich ein Beitrag für die Mitgliedschaft an der Gemeinschaft derjenigen, die einen Haushalt, d.h. eine behördlich gemeldete Wohnanschrift haben. Früher war es selbstverständlich, daß Rundfunkempfangsgeräte immer zu einem Haushalt gehörten und entweder in Wohnungen oder im Auto betrieben wurden. Für den Rundfunkbeitrag ist es unerheblich, ob im Haushalt Rundfunkempfangsgeräte zum Empfang bereit gehalten werden oder ob überhaupt das Angebot des öffentlich rechtlichen Rundfunks in irgendeiner Weise genutzt wird. Die Abgabe ist an die Wohnanschrift gekoppelt und in jedem Fall zu leisten. Man kann schon an dieser Stelle fragen, wie es in einem demokratischen Rechtsstaat rechtens sein kann, daß man aus so einem Beitrag gar nicht rauskommen kann, daß jeder, der nicht obdachlos ist und außerhalb der Zivilisation lebt, diesen Beitrag bezahlen muß, ganz egal, ob er die angebotenen Leistungen nutzt, nutzen will oder nutzen kann. Normalerweise kann man aus jeder Gemeinschaft austreten und es gehört zum Recht auf Selbstbestimmung, entscheiden zu können, an welchen gesellschaftlichen Einrichtungen man teilnehmen will. Gibt es irgendetwas Vergleichbares noch irgendwo auf der Welt außer bei mittelalterlichen Religionsgemeinschaften, hierarchisch organisierten Sekten und der Mafia, die den Austritt aus ihnen mit drakonischen Strafen belegen?

Die Veränderung von der Rundfunkgebühr zum Rundfunkbeitrag lief über die technischen Neuerungen, die das Internet mit sich brachte. Nun konnten die Sendeanstalten nicht nur über die Antennenschlußdose in der Wohnung ihr Programm in die Haushalte liefern, sondern auch über die Telefonanschlußdose, an der bis dahin niemals Rundfunkempfangsgeräte angeschlossen wurden und die bis dahin nie den Zweck des Rundfunkempfangs hatte. Aber die öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten deklarierten das Internet einfach zum Rundfunkempfangsgerät.

Während ein E-Gitarrenverstärker mit Gitarre und Anschlußkabel dran manchmal in der Lage ist, Radio zu empfangen, kam auch früher niemand auf die Idee, nicht nur Haushalte mit Radio oder Fernseher, also mit Geräten, die ausschließlich für den Rundfunkempfang gebaut wurden, zur Zahlung der Rundfunkgebühr zu verpflichten, sondern auch die, in denen nur ein E-Gitarrenverstärker vorhanden war, weil der nun mal kein Rundfunkempfangsgerät ist. Es liegt in der Physik, daß Funkwellen, die im Äther unterwegs sind, ungewollt auch auf diesem Weg empfangen werden können. Damit das Programm der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten im Internet „empfangen“ werden kann, muß man nicht nur Internet haben, sondern die Rundfunkanstalten müssen ihr Programm extra in dieses Medium einspeisen und es dort anbieten, weil es im Internet nicht genauso automatisch vorhanden ist wie die Funkwellen im Äther.

Wenn das Marketingkonzept einer Brauerei darin besteht, allen Haushalten, die sich in eine Liste eingetragen haben, Bier zu liefern und das abzurechnen, und sie außerdem versucht, Bier unbestellt an Haushalte zu liefern, kann sie das als Werbung machen, aber den Haushalten dieses Bier nicht in Rechnung stellen, denn die Ware wurde nicht bestellt und muß deshalb nicht bezahlt werden. Wenn die Brauerei plötzlich auf die Idee käme, ihr Bier durch die Wasserleitung in alle Haushalte zu liefern, weil ja Wasserleitungen überall vorhanden sind und diese durch die technischen Neuerungen neben dem Wasser nun auch Bier transportieren können, liegt derselbe Fall vor. Die Wasserleitung hat schon existiert und einen Zweck gehabt, bevor die Brauerei auf die Idee kam, ihr Produkt auf diesem Weg in die Haushalte zu bringen. Nur weil alle Haushalte eine Wasserleitung haben und die Brauerei einen Weg findet, ihr Bier in dieser anzubieten, kann sie in die Liste ihrer Kunden nicht einfach pauschal alle Haushalte eintragen und denen ihr Produkt in Rechnung stellen, weil diese Haushalte das Produkt gar nicht bestellt haben.

Niemand hat das Programm der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten fürs Internet bestellt. Niemand hat die öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten gezwungen, ihr Produkt auf diesem Medium anzubieten. Daß es dort angeboten wird, resultiert einzig und allein aus der freien Entscheidung der Rundfunkanstalten, ihre Produkte auch und zusätzlich dort einzuspeisen und anzubieten. Da das Internet weder von den öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten erfunden noch durch sie gefördert und ausgebaut wurde, ist es hinterhältig und heimtückisch, ein bereits bestehendes Medium, das ursprünglich gar nicht zur Ausstrahlung von Rundfunkprogrammen gedacht, das aber in nahezu allen Haushalten verfügbar war, einfach zum Rundfunkempfangsgerät zu erklären, um pauschal quasi alle Haushalte mit der Rundfunkgebühr zu belegen. Das erfüllt eigentlich den Sachverhalt von nicht bestellter Ware, denn wer die Rundfunkempfangsgeräte abgeschafft und damit das Produkt der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten abbestellt hat, bekam es auf diese Weise unbestellt geliefert. Das Internet ist kein Rundfunkempfangsgerät. Es unterscheidet sich von diesen dadurch, daß es weder primär für diesen Zweck erfunden, noch ausschließlich oder hauptsächlich dafür gebaut und genutzt wurde und wird.

Um die Probleme zu umgehen, die diese hinterhältige und unhaltbare Ausweitung der Definition von Rundfunkempfangsgeräten mit sich bringt, verabschiedete man sich ganz vom Konzept der Gebühr für den wenigstens potentiellen Empfang von Programmen des öffentlich rechtlichen Rundfunks und erfand den Rundfunkbeitrag, der nicht mehr an irgendwelche technischen Geräte und Voraussetzungen geknüpft war, sondern bloß noch an die Existenz des Haushalts schlechthin. Der technische Fortschritt bringt es aber mit sich, daß der Internetzugang heute immer weniger an einen Haushalt, ja sogar an ein Haus und festen Ort überhaupt gebunden ist und daß mittlerweile viele Haushalts- und Küchengeräte über ihn verfügen, ohne Rundfunk zu empfangen. Dieser Fortschritt macht es aber auch so einfach, den Zugang zu Angeboten im Internet als Abonnement einzurichten, so daß man bestimmte Produkte nur nutzen kann, nachdem man sie bestellt und einen mit entsprechenden Kosten versehenen Premiumzugang erhalten hat, daß jeder noch so kleine Anbieter von Internetprodukten diese Möglichkeit nutzen kann. Früher mußte das Bezahlfernsehen einen besonderen Receiver und Decoder bereitstellen, um ein über den Äther gesendetes, verschlüsseltes Signal decodieren zu können. Die Anschaffung dieser besonderen Technik für alle Haushalte wäre vielleicht eine Unverhältnismäßigkeit für die öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten gewesen. Aber heute ist es absolut zumutbar für die Rundfunkanstalten, sich der Möglichkeit von Abonnements zu bedienen und diese für ihre Produkte einzurichten, wenn das auch alle anderen Anbieter von Produkten im Internet, ob alternative Medien oder etablierte Tageszeitungen bereits so praktizieren. Es ist mit den heutigen technischem Möglichkeiten sogar umgekehrt unverhältnismäßig, die Produkte weiterhin frei zugänglich im Internet anzubieten und jedem Haushalt den Rundfunkbeitrag in Rechnung zu stellen.

Um im Bild der Bierlieferung durch die Wasserleitung zu bleiben: Während das Wasser über den Wasserzähler verbrauchsgenau abgerechnet wird, weigert sich die Brauerei, für das ungefragt und unbestellt durch die Wasserleitung gelieferte Bier ein Zählwerk zu verwenden, um nur das Bier abzurechnen, das in diesem Haushalt tatsächlich konsumiert wird. Obwohl solche Verbrauchszähler ohne erwähnenswerten Aufwand und sogar zu geringeren Kosten (als die GEZ verursacht) installiert werden könnten, besteht die Brauerei weiterhin auf ihrem pauschalen Beitrag für alle Haushalte, die rein potentiell ihr Bier konsumieren könnten.

In einem demokratischen Rechtsstaat kann es nicht rechtens sein, den Konsum von Medienprodukten pauschal jedem Haushalt zu unterstellen, wenn es so einfach ist, ihn individuell abzurechnen. Gerade im Zuge der Liberalisierung sämtlicher Produkte und Dienstleistungen, mit denen man Geld verdienen kann, ob Postwesen, Autobahnen, Schulen, Wasser- und Elektrizitätsversorgung und weitere Bereiche, die in den sogenannten Freihandelsabkommen CETA, TISA und TTIP geplant sind, ist es unverständlich, warum ausgerechnet bei dem Produkt, bei dem es bereits einen Markt mit verschiedenen, voneinander unabhängigen Anbietern gibt, weiterhin ein durch staatlichen Zwang aufrechterhaltenes Monopol bestehen soll, zumal der Kunde jetzt die konkurrierenden Unternehmen zusätzlich zum Rundfunkbeitrag bezahlen muß und diese deshalb einen klaren Wettbewerbsnachteil haben. Dabei geht es gar nicht darum, die öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten zu privatisieren, denn sie sind ja bereits umsatzsteuerpflichtige Unternehmen und das gerade deshalb, um größere Wettbewerbsverzerrung zu vermeiden. Diese könnte eintreten, wenn Anstalten des öffentlichen Rechts ihre Umsätze im Gegensatz zu privatwirtschaftlichen Unternehmen nicht versteuern müßten. Wie kann man aber von der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrung sprechen, wenn die „Umsätze“ dieser Unternehmen aus durch staatlichen Zwang und Gewalt erpreßten Abgaben bestehen? Eine Möglichkeit, die kein weiteres Unternehmen, ob private Fernseh- oder Radiosender, Tages- und Wochenzeitungen oder alternative Medien im Internet hat.

Und das ist neben dem Sachverhalt, daß man hier eine Ware bezahlen soll, die man gar nicht bestellt hat, und neben den Problemen der Qualität dieser Ware, Stichwort Lügenpresse und transatlantische Propaganda, die hauptsächliche Problematik des Rundfunkbeitrags. Die Gagen, Gehälter und Pensionen der Intendanten, Moderatoren und Angestellten dieser öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten sind teilweise so exorbitant hoch, übersteigen sogar die Gehälter des Amts des Bundeskanzlers, daß der Großteil der eingenommenen Beiträge allein dafür und nicht für das Programm verwendet wird. Trotz dieses weltweit einmaligen Budgets eines Medienkonzerns von acht Milliarden Euro jährlich gibt es eine Deckungslücke zu den in den Arbeitsverträgen zugesagten Pensionen in Millionenhöhe für einzelne Intendanten und Angestellte. Aus diesem Grund, und nicht weil die Fernsehproduktionen immer teuer werden, müssen die Einnahmen der Rundfunkanstalten beständig steigen und werden doch auf lange Sicht nie die Höhe der zugesagten Ausgaben erreichen.

Es ist aber nicht nachvollziehbar, warum diese Posten im öffentlich rechtlichen Rundfunk nicht entweder nach den Tarifen für den öffentlichen Dienst bezahlt oder die Gagen, Gehälter und Pensionen nach den Bedingungen des freien Marktes ausgehandelt werden, wo doch die Rundfunkanstalten Unternehmen sind. Stattdessen ist ein feudales Abgabensystem eingerichtet worden, das die fürstliche Höhe der Gehälter wie auch die exorbitanten Ausgaben für Luxusstudios usw. nur durchsetzen kann durch die Androhung und Umsetzung von staatlichem Zwang und polizeilicher Gewalt von der Kontopfändung über den Gerichtsvollzieher bis hin zu Erzwingungshaft im Gefängnis. Wie der dekadente Adel des Feudalismus vor 1789 einfach höhere Abgaben aus dem Volk pressen mußte, um seine standesgemäßen Feste zu feiern, und wie er dazu Mittel der Gewalt und des Zwangs benutzt hat, so müssen die Profiteure der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten nur die Erhöhung ihrer „Einnahmen“ beschließen. Das ist eine feudalistische Umverteilungs- und Bereicherungsmaschine und nicht nur völlig unzeitgemäß, sondern auch ein für einen demokratischen Rechtsstaat unerhörter Zustand, und dabei wird dieser durch Zwang erpreßte Beitrag für nicht bestelle Medienprodukte auch noch Demokratieabgabe genannt, ein in Anbetracht der Einseitigkeit, der Lügen, der Kriegshetze und Propaganda und der Mittel, mit denen sie eingetrieben wird, kaum noch zu überbietender Hohn. Wo in der freien Welt und auf dem freien Markt gibt es ein vergleichbares Konstrukt?

Es wird also eine Abgabe pauschal für jeden Haushalt erhoben, obwohl der Empfang des Rundfunks mit technischem Fortschritt immer mehr mit dem Internet verknüpft, dieses immer weniger an einen Haushalt gebunden ist, es aber immer exakter das Messen der Einschaltquoten ermöglicht und man damit die Nutzung und den Konsum der Rundfunkprodukte genauso abrechnen könnte wie alle anderen Produkte am Markt auch. Schon aus dieser Sicht gibt es keine Rechtfertigung für eine pauschale Abgabe. Daß diese den Unternehmen des öffentlich rechtlichen Rundfunks aber einen erheblichen Wettbewerbsvorteil vor allen seinen in- und ausländischen Konkurrenten in Radio, Fernsehen und Internet bringt, ist unbestreitbar. Seltsam ist, daß es noch keine Klagen vor dem EUGH deswegen gab. Daß aber diese pauschale Abgabe auch noch mit staatlichem Zwang eingetrieben wird, obwohl die Bürger gar keine rechtsverbindliche Bestellung für die Produkte aufgegeben haben und vor allem aus dem Vertrag, den sie nicht abgeschlossen haben, unter keinen Umständen rauskommen können, erinnert doch stark an mittelalterliche Zeiten oder finstere Diktaturen mit durch hoheitliche Willkür exekutierter Gewalt. An welcher Stelle ist das demokratisch?

Die alternativen Medien im Internet zeigen sowohl in Qualität als auch Verantwortung für den Medienkodex, daß sie dem öffentlich rechtlichen Rundfunk nicht nur gewachsen, sondern überlegen sind. Hier existiert ein Markt und es könnte ein freier sein, wenn gerade die öffentlich rechtlichen Medien sich nicht als Staatsfunk aufführen und zusammen mit staatlichen und vom Staat beauftragten Institutionen im klaren Verstoß gegen Art. 5 GG die Meinungsfreiheit unterdrücken und Zensur etablieren und dabei ihre Finanzierung mit Zwang und Gewalt durchsetzen würden.

Jetzt gibt es ein Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig, daß der Beitrag doch an die Möglichkeit der Nutzung der Produkte der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten gekoppelt sein muß, also doch nur nach Bedarf und individueller Nutzung abgerechnet werden kann. Das könnte der Anfang vom Wandel sein. Der öffentlich rechtliche Rundfunk in Deutschland müßte sich liberalisieren und demokratisieren, um die rechtlichen, moralischen und politischen Probleme mit dem Rundfunkbeitrag zu beseitigen, aber dann werden die Rundfunkanstalten natürlich nicht mehr acht Milliarden Euro jährlich einnehmen, sondern genau so viel, wie den Konsumenten und Bürgern die Produkte entsprechend ihrer Qualität wert sind und von ihnen konsumiert werden. Und am freien Markt mit echter Konkurrenz steigt ja bekanntlich die Qualität der Produkte, während die Unternehmen mit dem schlechtesten Preis-Leistungs-Verhältnis insolvent gehen. Das wäre nicht nur demokratisch, sondern auch marktgerecht, wie es ja heute von allen Produkten und Dienstleistungen gefordert wird.

AP, 4.11.2017