"Noch sitzt ihr da oben, ihr feigen Gestalten,
vom Feinde bezahlt und dem Volke zum Spott.
Doch einst wird wieder Gerechtigkeit walten,
dann richtet das Volk und es gnade euch Gott."

Carl Theodor Körner

Die Corona-Impfstoffe haben in Europa mehr als eine Million Leben gerettet?

In zahlreichen Medien[i], insbesondere im ÖRR[ii] ist Mitte April diesen Jahres verkündet worden, daß die Corona-Impfstoffe in Europa über eine Million Menschenleben gerettet hätten. Dies gehe aus einem Bericht der WHO hervor, der auf dem Europäischen Kongress der Klinischen Mikrobiologie und Infektions-krankheiten in Kopenhagen vorgestellt wurde. Die ARD berichtet: „Die in der Frühphase der Covid-19-Pandemie entwickelten Impfstoffe haben nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation WHO sehr vielen Menschen das Leben gerettet. Aus einem Bericht der Organisation geht hervor, dass auf Basis wissenschaftlicher Einschätzungen allein in Europa und Ländern der ehemaligen Sowjetunion seit Ende 2020 mehr als eine Million Menschen den Corona-Impfstoffen ihr Überleben verdanken.“[iii] Einerseits handelt es sich bei dem „Bericht“ um einen mündlichen Vortrag bzw. dessen schriftliche Zusammenfassung[iv], andererseits um eine Schätzung basierend auf mathematischen Modellen, in denen die theoretisch angenommene Wirksamkeit der Impfstoffe mit der Anzahl der Covid-19-Toten und Geimpften zueinander ins Verhältnis gesetzt wurden. Klinische Studien liegen der Schätzung nicht zugrunde.

Doch welche Erfahrungen oder empirischen Daten gaben Anlaß für die These, daß überhaupt Menschenleben gerettet wurden? Wenn Leben gerettet worden sind, dann sind genauso viele Menschen weniger gestorben, als ohne die Rettung gestorben wären. Es hätte also ohne die „Impfungen“ mehr Tote geben müssen, als tatsächlich gestorben sind. Und wieviele das hätten sein sollen, kann man aus den Zahlen der Schätzung schließen. Mindestens 1.004.927 Leben sollen in Europa ab Einsetzen der „Impfungen“ Ende 2020 bis Anfang 2023 gerettet worden sein. 95% der geretteten Menschen waren über 60, was ohnehin anzunehmen ist, weil generell über 90% der Verstorbenen älter als 60 sind. Deshalb werde ich mich in meiner Untersuchung allein auf die Altersgruppen der über 60 Jährigen beziehen.

Die Region Europa der WHO umfasst ca. 50 Länder und 730 Mio Einwohner. Da Deutschland mit rund 77% Impfquote[v] eher im oberen Bereich liegt, wird die Schätzung für Europa sicherlich auch auf Deutschland zutreffen. Einer Million gerettete Leben bei 730 Mio Menschen in ganz Europa in den zwei Jahren 2021/22 entsprechen in Deutschland mit 83 Mio Einwohnern 113.699 Leben, also 56.849 Menschen pro Jahr, die sowohl 2021 als auch 2022 durch die „Impfungen“ gerettet wurden, mithin ohne diese gestorben wären. Mir ist bewußt, daß diese Methode wissenschaftlich höchst bedenklich ist, aber die Ergebnisse werden sie am Ende rechtfertigen.

In den Altersgruppen über 60 sind jährlich seit 2006 ca. 722.000 bis 976.000 Menschen gestorben (Tabelle links). Die Zahlen steigen an, weil die Größe dieser Bevölkerungsgruppen zunimmt, es jedes Jahr mehr alte Menschen gibt, die die Lebenserwartung erreicht haben. Während sich die Gruppe der über 80 Jährigen seit 1990 mehr als verdoppelt hat und die der über 70 Jährigen noch um 50% anwuchs, blieben die der 30-40 und 40-50 Jährigen gleich groß und nahmen die der jüngeren unter 30 Jahren deutlich ab. Es gibt heute über 3 Mio Menschen mehr über 80 als 1990 und fast 3,8 Mio weniger 20-30 Jährige (Tabelle rechts).

Der in Europa geretteten eine Million Menschen entsprechen in Deutschland knapp 114.000, also 57.000 Menschen pro Jahr. Schaut man sich die Differenzen der aufeinanderfolgenden Jahre der Altersgruppen über 60 an, erkennt man, daß sich positive und negative Werte abwechseln und der größte positive Wert 2015 mit 54.468 Gestorbenen zu finden ist. Im Jahr 2015 sind also (ganz ohne Pandemie) knapp 54.500 Menschen mehr gestorben als 2014, das eine sehr geringe Sterblichkeit hatte. Den zweithöchsten Wert gibt es 2020 mit knapp 46.000 mehr Toten im Vergleich zu 2019, das ebenfalls eine sehr geringe Sterblichkeit hatte. 2021 und 2022 haben 35.000 bzw. 42.500 Verstorbene mehr als ihre Vorjahre, in denen die Sterblichkeit aber schon hoch war, dennoch will die WHO darin die lebensrettende Wirkung der „Impfungen“ sehen. Denn allein durch sie haben in beiden Jahren je 57.000 Menschen überlebt, die ansonsten auch noch gestorben wären. Ohne „Impfungen“ lägen die Werte 2021 bei 92.000 und 2022 bei fast 100.000.

Jeder sieht, daß diese Werte völlig aus dem Rahmen fallen, utopisch und unrealistisch sind. Sie liegen mehr als doppelt so hoch wie 2020, als es keine „Impfungen“ gab, Menschen, Behörden und das Gesundheitssystem im Umgang mit dem Virus noch ungeübt waren, die Maskenpflicht erst im Sommer eingeführt wurde und zunächst Tücher, Schals und selbstgehäkelte Masken getragen werden durften und als das Virus so neu war, daß es jedenfalls weniger Immunität als in den Folgejahren gab. Wie kann man auf die Idee kommen, daß unter gleichen Bedingungen wie 2020, also ohne „Impfung“, in den Jahren 2021 und 2022 jeweils 57.000 Menschen mehr hätten sterben, die Pandemie erst da so viele Tote mehr hätte erzeugen können? Das Jahr 2020 ist ja die perfekte Kontrollgruppe. Wieviele Tote die Pandemie ohne Impfstoff erzeugen kann, haben wir da gesehen. Die Sterblichkeit ist erst nach Einführung der „Impfungen“ auf Werte gestiegen, die außergewöhnlich hoch und nicht zu erwarten waren. Gerade in den vulnerablen Gruppen über 80, bei denen jedes Leben gerettet werden sollte, sind besonders viele Menschen gestorben, liegt der Anteil der Verstorbenen in der Altersgruppe besonders hoch.

Wie die Entwicklung der Anteile der Verstorbenen in den einzelnen Altersgruppen von den 30 bis über 80 Jährigen aussieht, habe ich im Beitrag zur Sterblichkeit 2022 detailliert beschrieben.[vi] Seit mindestens dreißig Jahren gibt es eine stetige Abnahme der Sterblichkeit innerhalb jeder Altersgruppe. Es sterben also tendenziell jedes Jahr weniger Menschen relativ zur Größe ihrer jeweiligen Gruppe in jeder einzelnen Altersgruppe. So auch bei den über 60 Jährigen: In den 1990er Jahren fallen die Zahlen beständig und schwanken seit dem Jahr 2000 um 3,5-3,7%, wobei es nie mehr als zwei aufeinander folgende Jahre mit steigenden Werten gibt. Auch das Jahr 2020 liegt mit 3,73% noch in diesem Bereich und zeigt trotz Pandemie keine Auffälligkeit. Außergewöhnlich sind die Werte 2021 und 2022, einerseits weil sie Größen von über 3,8% und 3,9% erreichen, die es seit dem Jahr 2000 nicht mehr gab, andererseits weil die Werte drei Jahre in Folge ansteigen, was seit 1990 noch nie vorgekommen ist. Damit wurde der seit dreißig Jahren währende, abfallende Trend 2021/22 unterbrochen. Rein statistisch und unter gleichen Bedingungen wie bis 2020, also ohne „Impfungen“ hätten die Werte spätestens 2022 wieder fallen müssen.

Um die Eingangsfrage zu beantworten: Der Anlaß zu vermuten, die „Impfungen“ hätten Menschenleben gerettet, ohne sie wären mehr Menschen gestorben, besteht bestenfalls in Wunschdenken, schlimmstenfalls in Propaganda. Ein Blick in die Statistik hätte gereicht, die Vermutung als absurd abzuweisen. Die realen Zahlen der Verstorbenen bieten überhaupt keine Kapazitäten mehr für die Annahme, es hätte auch nur ein einziger mehr gestorben sein können. Und damit ist auch die unsaubere Methode, von einer Million Geretteter in Europa auf 114.000 in Deutschland zu schließen, gerechtfertigt, weil man diese Zahlen anhand der ohnehin außergewöhnlich hohen Sterblichkeit gar nicht braucht, um zu zeigen, daß statistisch betrachtet 2021/22 kein einziges Menschenleben durch die „Impfungen“ gerettet wurde, sondern sogar mehr als 2020 ohne dieselben gestorben sind.


AP. 15.8.2023